Effizienz in der militärischen Ausbildung

 

Es ist schwierig, nicht Platitüden zu verfallen und oft Gesagtes nachzusprechen, will man etwas mit Gehalt zum Thema "Effizienz in der militärischen Ausbildung" beitragen. Schlagwörter wie "Leerlauf", "Motivationsfähigkeit", "Arbeitsvorbereitung", "Kaderunterricht" und "Arbeitsplatzorganisation" schiessen durch den Kopf. Doch welcher Truppenführer hat sich mit diesen Problemfeldern in der Praxis nicht eingehend auseinandergesetzt? Welcher Truppenführer ist während der Lösungssuche noch nie in die Effizienzfalle getappt, indem er glaubte, pro Zeiteinheit so viel Lernstoff als möglich seinen Unterstellten aufzutischen?

 

Sinnvermittlung als zentral Aufgabe

Nicht die zu vermittelnde Materie bindet einen Soldaten an seinen Vorgesetzten, sondern die Führungspersönlichkeit desselben. Ich bin davon überzeugt, dass es an uns Offizieren liegt, unseren Unterstellten den Sinn in unserem und in deren Handeln zu vermitteln, damit diese "effizient" arbeiten. Manche werden sich nun fragen, wie dies denn zu geschehen habe. Auf diese Frage kann ich nur etwas entgegnen: durch Erfolg!

 

Vom Erfolg zum Erfolg

Die Truppe muss davon überzeugt sein, dass nur ihr Kommandant (Verbandsführer) sie zum Erfolg führen kann. Der Weg hin zu dieser Überzeugung ist jedoch als Prozess zu verstehen. Ein Prozess, der nur durch Erfolg eingeleitet, fort- und weitergeführt werden kann. So ist denn nicht nur in der Ausbildung, sondern auch im Einsatz darauf zu achten, dass vom Einfachen zum Schwierigen übergegangen wird, damit Erfolg garantiert ist und somit sich das Gefühl des Unbesiegbaren, alle Probleme Beiseiteschaffenden einstellt. Bei Übungsbesprechungen oder aber auch die der Zusammenarbeit allgemein ist der Erfolg, d.h. die Anerkennung für gute Leistungen, deutlich darzubringen. Fehler sollen aufgedeckt werden, indem der Übungsleiter in Einsatznachbearbeitungen zur Vernunft aufruft, nicht leichtsinnig zu handeln und im eigenen Vorgehen unbedingt die gegnerischen Möglichkeiten und Reaktionen zu berücksichtigen.

 

Durch Erfolg zum verschworenen Kampfhaufen

Ein Verband ist dann zu allem bereit, wenn er von der Sache, für die er kämpft, und durch Erfolgserlebnisse von seinem Können überzeugt ist. Der Truppenführer wird dabei zum Kristallisationspunkt aller seiner Unterstellten, die bereit sein werden, Drillübungen sowie höchste körperliche und seelische Belastungen auf sich zu nehmen, weil sie davon überzeugt sind, nur so geführt, heil eine Schlacht zu überstehen. Dieser biologisch tiefverwurzelte Überlebensinstinkt bildet den Ursprung derjenigen Gruppenkohäsion, die einen verschworenen Kampfhaufen ausmacht. Eine Gruppenkohäsion, die sogar soweit geht, dass der Soldat bereit sein wird, den eigenen Tod in Kauf zu nehmen, um nicht innerhalb der Gruppe abzufallen und Anerkennung zu erringen. Nur dieser Soldat wird Mut beweisen, seine Angst überwinden und im Feuergefecht voranschreiten, um das Feuer dorthin zu tragen, wo es benötigt wird.

 

Beispielgeben als Hauptaufgabe des Offiziers

An uns Offizieren liegt es, in allen Handlungsbereichen unseren Unterstellten Modell zu stehen und vor keiner Herausforderung an Beispielhaftigkeit zurückzuschrecken. General George S. Patton sagte seinen Offizieren, als er am 7. März 1942 das Kommando vom II. Corps in Nordamerika übernahm, dass jeder entbehrlich sei und dass jeder Führer seine Unterstellten persönlich in die Schlacht anzuführen habe und dieselben Risiken auf sich zu nehmen habe wie der einfache Soldat [1]. Wir Offiziere haben vorzusterben, denn das Verlangte vorzuleben gilt auch bis in den Tod hinein.

Effizienz stellt sich also erst dann wirklich ein, wenn Tätigkeiten intrinsisch motiviert verrichtet werden. Lediglich Einsicht über den Sinn und Zweck einer Handlung oder aber die persönliche Prägung durch eine Führerpersönlichkeit erzielen diesen gewünschten Effekt. Anders als leidiges Reagieren auf Sanktionen, werden sich nur so Initiative und Kreativität im Dienste eines gestellten Auftrages entwickeln.

 

[1] C. D'Este: Patton - A Genius for War. HarperCollins, S. 463, London (1995).

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25.5.99